Kriegshistorische Stätten – Schauplätze der Geschichten – Was die Feldpost über den Krieg erzählt

Kuusamon venäläismiehistys 1944. Punaiselle torille johtava portti

Kuusamo 23.09-18.11.1944 – Sowjetische Besetzung

Auf dem Bild das Tor zum Roten Platz von Kuusamo 1944. Bild: Archiv von Kinnunen / Tuomo Kallioniemi

Wenig bekannt ist die Zeit der sowjetischen Besetzung des Ortszentrums Kuusamo und der Teile von Suomussalmi. Dies erfolgte zwischen dem Ende des Fortsetzungskriegs und dem Beginn des Lapplandkriegs.

Durch den Moskauer Waffenstillstand am 4. September 1944 wurde eine Kette von Ereignissen ausgelöst, die zum Lapplandkrieg sowie zur sowjetischen Besetzung der Gebiete von Suomussalmi und Kuusamo führte. Am 5. September stellte die Sowjetunion ihre Kriegshandlungen gegen die finnische Armee ein und begann, ihre Streitkräfte nach Nordfinnland zu verlegen, um den Rückzug der deutschen Truppen aus Petsamo und dem finnischen Territorium sicherzustellen. Gemäß den Vorbedingungen der Friedensverhandlungen mussten die Deutschen das Land bis zum 15. September verlassen.

Am 8. September wurde in Kuusamo die Evakuierung der Zivilbevölkerung eingeleitet, die fast eine Woche in Anspruch nahm. Im Ortszentrum blieben nur der Arzt und der Pfarrer zurück. Dem Ortspolizeichef wurde befohlen in Kuusamo zu bleiben, um den finnischen Staat zu vertreten und mit den Sowjets zu verhandeln, aber er verließ den Ort ohne Erlaubnis und verlor später seinen Posten.

Deutsche ziehen sich zurück – das Ortszentrum Kuusamo wird zerstört

Am 15. September 1944 war die Evakuierung der Einwohner von Kuusamo abgeschlossen und die letzte Autokolonne verließ Kuusamo am 17.09. Die Fronttruppe der Roten Armee überquerte am 20.09. die finnische Grenze und rückte rund vier Kilometer ins Landesinnere. Diese Truppe erreichte am 22.09. Haukiniemi bei Kuusamo und – nach einem Verzögerungskampf gegen deutsche Truppen – am 23.09. das Gebiet Lahtela, wo der Vormarsch in der Nähe der Salpa-Verteidigungslinie zum Erliegen kam. Die deutschen SS-Nord-Einheiten verteidigten heftig die befestigten Stellungen und verzögerten dadurch den Vormarsch der sowjetischen Truppen in das Ortszentrum Kuusamo. Der Verzögerungskampf war notwendig, weil die 7. Division der deutschen Armee zu diesem Zeitpunkt erst von Juntusranta über Pudasjärvi in Richtung Rovaniemi marschierte.

In den Regionen Kuusamo und Suomussalmi gab es deutsche Truppen in der Größe eines Korps; die Einsatzorte waren Kiestinki und Uhtua. Die Straßenverbindung führte über Lämsänkylä nach Kuusamo und über Juntusranta nach Suomussalmi.

Die Deutschen begannen, sich bald nach dem Waffenstillstand zurückzuziehen. Das Ortszentrum Kuusamo verfügte über eine große Anzahl an Versorgungsstützpunkten für die Truppen in Kiestinki. Um die Versorgungslage zu ergänzen und die Truppen im Osten direkt zu unterstützen, hatten die Deutschen eine Schmalspurbahnlinie (Feldbahn) von Hyrynsalmi nach Kuusamo gebaut.

Der Donnerstag, dem 21.09.1944, war in Kuusamo ein sonniger Herbsttag bei +14 °C und mit Wind von Südwesten nach Nordosten. Die Nachtruppen der deutschen SS-Nord-Division schützten den Rückzug der Truppen des Militärkorps nach Rovaniemi. Die Verteidigungsposten in Lahtela bei Kuusamo sollten bis abends am 26.09. bleiben, denn es war bekannt, dass die sowjetischen Truppen an jenem Donnerstagmorgen die finnische Grenze überquert hatten und nun in Richtung Ortszentrum von Kuusamo marschierten.

In Kuusamo wurde der Rückzug der Deutschen von einer finnischen Delegation beobachtet, geführt von dem stellvertretenden Ortspolizeichef Väinö Isola, der in Kempele seinen eigentlichen Posten hatte, und dem Leutnant Seppo Alanne, Militärattaché der Delegation. Die Aufgabe der Delegation bestand darin, die Interessen Finnlands und der Gemeinde Kuusamo zu überwachen und das Eigentum der Finnen zu schützen. Der Befehlshaber der 20. Gebirgsarmee Deutschlands, Generaloberst Lothar Rendulic, hatte am 20.09.1944 Kuusamo besucht und seinen Truppen verboten, zivile Objekte im Gebiet zu zerstören.

Aus dem von Kriminaloffizier Leutnant M. O. Kantanen erstellten Ermittlungsprotokoll geht hervor, dass sich unmittelbar nach dem Abzug der Finnen Disziplinlosigkeit bei den deutschen Truppen breitmachte. Das zurückgelassene Eigentum der Einwohner von Kuusamo wurde Gegenstand von Plünderung und Zerstörung. Am 20. September begannen die Deutschen, Brandsätze in den Häusern der Zivilbevölkerung zu legen. Die Brände in den folgenden zwei Tagen galten als von den Deutschen* gelegt, weil deutsche Soldaten das Umfeld der brennenden Häuser verließen (*in den letzten Jahren wurden auch Meinungen vertreten, dass nicht alle Brandstiftungen durch deutsche Truppen gelegt worden wären).

Von Kuusamo begaben sich die Deutschen in Richtung Posio am 23.09. Noch am selben Abend kamen die Sowjets im Ort an.

Sowjetische Besetzung – Grenzschranken für das Dorf Kuolio

Ungeachtet des Waffenstillstands überquerten die Sowjets die Grenze am 20.09.1944 bei Kuusamo und besetzten das Ortszentrum am 27. September, entgegen dem am 19.09.1944 unterzeichneten Waffenstillstandsabkommen. Die letzten deutschen Truppen hatten Kuusamo bereits verlassen. Neue Grenzschranken wurden in Kuolio aufgestellt, von Kuusamo in Richtung Oulu, ca. 55 km von der im Friedensvertrag vereinbarten Grenzlinie nach Westen. Am selben Tag kamen die Truppen Nordfinnlands unter das Kommando von Generalleutnant Hjalmar Siilasvuo und der Ausbruch des Lapplandkriegs war Realität.

Im Oktober diskutierte Siilasvuo zwei Mal über die Besetzung von Kuusamo und Suomussalmi mit dem sowjetischen Generalmajor Sergei Tokarev. Siilasvuo stellte ihm die Frage, wann die Truppen der Roten Armee das finnische Territorium verlassen würden. Darauf gab Tokarev keine Antwort. Er versprach jedoch, die Frage an den Generaloberst Andrei Zhdanov weiterzugeben, den sowjetischen Vorsitzenden der Kontrollkommission der Allierten.

Mitte Oktober 1944 erhielt eine Gruppe von örtlichen Beamten und Geschäftsleuten die Erlaubnis, Kuusamo zu besuchen. Danach wurden Leute zu Erntearbeiten geschickt. Die Rückkehr der evakuierten Zivilbevölkerung in das stark zerstörte Ortszentrum wurde jedoch noch nicht für möglich gehalten. Die Versorgungseinheiten wurden nahe bei der inoffiziellen Grenze von Kuolio stationiert.

Anfang November berichtete Siilasvuo erneut dem Marschall Mannerheim über die Aktivitäten der Sowjets in der Region. In der Gegend von Kuusamo patrouillierten sie weit westlich ihrer Wachposten, plünderten Eigentum der zurückkehrenden Zivilisten und bauten Häuser zu Bunkermaterial ab usw. Auf der finnischen Seite von Salla wurden finnische Aufklärer festgenommen, aber nach Vernehmungen wieder freigelassen. In jeder Richtung wurden Militärübungen und rege Aufklärungsaktivitäten beobachtet.

Ab dem 12. November gab es Anzeichen dafür, dass die Sowjets Kuusamo und Suomussalmi verlassen würden. Der Abzug der sowjetischen Armee über die Ostgrenze war am 18.11.1944 beendet. Die Besetzung Kuusamos war zwar vorbei, aber die Einheimischen durften noch nicht zurückzukehren.

Der am Unabhängigkeitstag, dem 06.12.1944, in der Zeitung Kaleva veröffentlichte Artikel beschreibt, wie es bei der Vier-Wege-Kreuzung im Ortszentrum Kuusamo noch gebrannt hat und auch die Mauer neben der niedergebrannten Kirche noch warm war.

Rückkehr nach Kuusamo am 13.03.1945 – Zeit des Wiederaufbaus

Während der Besetzung von Kuusamo wohnten die Sowjets in ihren selbst gebauten Bunkern.

„Das Ortszentrum war ein einziges Bunkerdorf mit prächtigen Triumphbögen im sowjetischen Stil“.
Kapitän Vaalama am 17.11.1944 bei seiner Ankunft in Kuusamo

Die aus Kuusamo evakuierten Familien erhielten vom Innenministerium die Rückkehrerlaubnis erst ab dem 13.03.1945. Ihr Heimatort war stark zerstört und geplündert worden. Die Schuld an den Zerstörungen wurde zumindest öffentlich den Deutschen zugeschoben, auch wenn man sich insgeheim sicher war, dass auch sowjetische Besetzungsmitglieder dazu beigetragen hatten. Zunächst fand man eine Bleibe in den Bunkern, in Häuserruinen, in Kellern und Kuhstallküchen. Die Evakuierten hatten es eilig, mit den Frühjahrsarbeiten zu beginnen. Bis Anfang Juni waren von den ursprünglichen 13 000 Einwohnern bereits rund 10 000 zurückgekehrt.

Die Gemeindeverwaltung kehrte im Mai von Oulainen nach Kuusamo zurück und das regionale Krankenhaus nahm seinen Betrieb im Juli 1945 auf. Das gesamte Schulsemester 1944-45 wurde in den Schulen nicht absolviert. Auch wenn die Rückkehr zum Alltag begonnen hatte, dauerte das Bunkerleben wegen Mangel an Baumaterialien noch Jahre an.

 

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Quellen

Eero Eho, Notizen und Vortrag am 04.05.1981 im Rotary-Club von Merikoski (Eho arbeitete u.a. als Ortspolizeichef in Kuusamo 1949-59); „Itä-Suomen unohdettu miehitys” („Die vergessene Besetzung Ost-Finnlands“), Juhani Susineva, Savon Sanomat 17.11.2008; ”Taistelu elintilasta. Kuusamo 1939-1945” („Kampf um den Lebensraum. Kuusamo 1939-1945“), Matti Kyllönen, Itä-Karjalan Kustannus Oy, 2020; ”Venäjän Puna-armeijan sotapolku” („Kriegsweg der sowjetischen Roten Armee“), Tuomo Kallioniemi, Koillissanomat 23.03.2019.